Rundgang innen

Der Innenraum unserer Pfarrkirche hat seit dem Kirchbau im 17. Jahrhundert mehrfach gravierende Umgestaltungen erfahren. Ab etwa der Mitte des 19. Jahrhunderts, also etwa 200 Jahre nach ihrem Bau, erfolgte eine erste radikale Umgestaltung der dreischiffigen frühbarocken westfälischen Hallenkirche zu einer fast stilreinen neugotischen Kirche, deren auffallenstes Merkmal ein neuer neugotischer Hochaltar war, mit einem in die Gewölbezone hochaufragenden filigranen Schreingehäuse. All diese Veränderungen verschwanden wieder bei den Umbaumaßnahmen in den 1950er Jahren, bei denen das Bemühen im Vordergrund stand, dem Kirchenraum etwas von seiner ursprünglichen barocken Atmosphäre zurückzugeben.

Mit dem Turmbau in den Jahren 1913/14 ergab sich naturgemäß eine weitere gravierende Änderung auch im Innenraum, die weitgehend bis heute erhalten ist. Die barocke, ursprünglich über die gesamte Breite der Kirche reichende Empore wurde reduziert und verschwand in den Turmbereich, ebenso der Aufgang zur Empore. Die reichverzierte barocke Balustrade stammt noch aus der Erstausstattung der Kirche.

In den 1950er und 1970er Jahren wurden dann durch den Anbau einer Kapelle und einer neuen Sakristei an der Südwestseite massive Änderungen im Chorbereich notwendig. Zudem wurde dieser entsprechend der Vorgaben der Liturgiereform des II. Vatikanischen Konzils umgestaltet. Mit dem neuen freistehenden Zelebrationsaltar, der Tabernakelstele und dem Ambo erhielt er im wesentlichen seine heutige Gestalt. Die sogenannte "Alltagskapelle", die über eine neugeschaffene Öffnung an der westlichen Chorwand Sicht auf den vorgezogenen Altartisch hatte, wurde bei der jüngsten Kirchenrenovierung ab 2006 zur heutigen Sakristei umgebaut und die Öffnung in der Seitenwand des Chores wieder verschlossen. Die von außen zugänglichen Räumlichkeiten wurden in einen Versammlungsraum für Gemeindegruppen umgestaltet, dem man den aus einem Wettbewerb hervorgegangenen Namen: Johanneum gab.

Wenn wir den lichtdurchfluteten hellen Kirchenraum durch den Eingangsbereich des Turmes betreten stehen wir unmittelbar vor einem der bedeutendsten und sicher auch schönsten Ausstattungsstücke unserer Pfarrkirche, dem Taufstein. Unübersehbar führt er uns bei jedem Betreten des Hauses Gottes unsere Mitgliedschaft in der Kirche Jesu Christi vor Augen, die im Sakrament der Taufe begründet wurde. Der Taufstein wurde im Zuge der letzten Renovierung an diesen exponierten Platz gestellt. Er stammt aus dem Jahr 1686 und kann somit zur Erstausstattung der Kirche gerechnet werden. Vier Cherubime tragen das halbkugelförmige Taufbecken, das an den angeschnittenen Seiten folgende Inschriften trägt:

Lavacrum regenerations et renovationis spiritus sancti - ad tit. 3
"Bad der Wiedergeburt und der Erneuerung durch den Heiligen Geist"
(Brief des Apostels Paulus an Titus, Kap. 3)

 Spritus dei ferebatur super aquas - gen. 1
"Der Geist Gottes schwebte über den Wassern" (Genesis, Kap. 1)

Nisi quis renatus fuerit ex aqua et spiritu sancto non potest intoire in regnum dei - ioan 3
"Wer nicht wiedergeboren wird aus dem Wasser und dem Heiligen Geist, kann nicht in das Reich Gottes eingehen" (Johannes, Kap. 3)

Die Inschrift auf der vierten Seite weist auf den Stifter Johann Rotger Torck und das Stiftungsjahr hin. Torck gehörte zum Münsteraner Domkapitel und hatte eine Fülle von Ämtern in der Münsteraner, Warendorfer, Mindener und Paderborner Gegend inne. Weshalb er kurz vor seinem Ableben diesen prächtigen Taufstein in Sassenberg errichten ließ, ist uns nicht bekannt.

Wenn wir um den Taufstein herumgehen fällt der Blick auf den leicht erhöhten Altarraum. Wie bereits erwähnt wurde dem Chorraum in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts im wesentlichen seine heutige Gestalt gegeben. Der Tabernakel, der Ambo sowie der freistehende Zelebrationsaltar sind Werke des aus Vellern stammenden Bildhauers H.G. Bücker. Die Kreuzigungsgruppe aus dem 17. Jahrhundert an der Stirnseite des Chores mit den Figuren Maria und Johannes Evangelist waren der Überlieferung nach zentraler Bestandteil des ursprünglichen barocken Hochaltars. Das Ewige Licht auf der linken Seite sowie vier Altarleuchter aus Messing wurden Anfang des 19. Jahrhunderts im Stile des Empire gefertigt.

Die beiden fast identischen marmorierten Seitenaltäre rechts und links vom Chorraum in den Seitenschiffen wurden ebenfalls von Christoph Bernhard von Galen gestiftet und gehören daher zur Urausstattung der Kirche. Die von zwei Rundsäulen flankierten zentralen Flächen waren ursprünglich mit zwei verschollenen Gemälden versehen. Heute befinden sich an dieser Stelle auf erhöhten Postamenten zwei filigran gearbeitete Sandsteinfiguren. Im linken Seitenaltar sehen wir Maria mit dem Jesuskind auf einer Mondsichel, zu deren Füßen sich eine Schlange windet. Im rechten Altar finden wir den Hl. Josef, das Jesuskind am Arm führend. Unter den Figuren befinden sich bei beiden Seitenaltären Tabernakelaufbauten die darauf hinweisen, dass diese früher auch zu Messfeiern genutz wurden.

 

Die Sassenberger Kirchenbänke gehören ebenfalls zur Erstausstattung unserer Kirche. In das dunkle Eichenholz haben Gemeindemitglieder früherer Zeiten mit derben Zügen ihre Namen eingeritzt, um ihre Stammplätze eindeutig zu markieren. Neugierige Blicke unter die Sitzpolster sind erlaubt, dann geben die Bänke die ehemaligen Stammhalter der Plätze preis. Die strenge Sitzordnung ist für uns heute schwer nachvollziehbar, sie gibt jedoch heute oftmals wertvollen Aufschluss über Sassenberger Familiennamen und dient oft genug als Ausgangspunkt für Familienforschung. Einige Wangen der Bankreihen sind zudem mit kunstvoll geschnitzten Wappen und Wappenvögeln versehen. Auch die Jahreszahl 1681 ist dort zu finden.

An den beiden Seitenwänden des Langschiffes finden wir an den Pilastern auf barock verzierten Konsolen je zwei Heiligenstatuen. Auf der Westseite sind dies der Hl. Johannes von Nepomuk sowie der Hl. Ludgerus, der erste Bischof und Patron des Bistums Münster. Auf der Ostseite sind der Hl. Antonius zu Padua - er wirkte zu Lebzeiten von Franz von Assisi und war ein bedeutender Prediger - sowie der Hl. Aloysius dargestellt.

Den Abschluss des rechten Seitenschiffs im Turmbereich bildet die neugotische ehemalige Taufkapelle die mit dem Turmbau 1914 errichtet wurde. In ihr finden wir ein spätgotisches Kruzifix (15. Jahrhundert) aus der ehemaligen Sassenberger Burgkapelle. Abgesehen von der künstlerischen Bedeutung hat dieses Kreuz auch heute noch eine starke religiöse Aussagekraft und ist jedes Jahr fester Bestandteil der Karfreitagsliturgie.

Die flankierenden Altarengel entstammen dem im 19. Jahrhundert errichteten ehemaligen neugotischen Hochaltar.

Vor dem Kreuz befindet sich in einer Vitrine eine "Bückerbibel", die 1964 als "Worte des Heils" von H.G. Bücker in schwarzer Tusche geschaffen wurde.

 

Nun endet unser kleiner Rundgang durch unsere Pfarrkirche.
Hier geht's zum Rundgang außen um die Kirche.

 

Textzusammenstellung/Bilder: Reinhold Gebbe
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Vier Säulen teilen den Raum in ein Haupt- und zwei Seitenschiffe und stützen die kreuzgewölbten Joche. Die großen, rundbogigen und farblos bleiverglasten Fenster lassen viel Licht hinein und den Betrachter an einen barocken Festsaal denken.

Wir sehen im Turmbereich links die Taufkapelle mit dem zum Kirchenraum offenen Spitzbogen. Auf der rechten Seite befindet sich die Seitenkapelle mit der Immerwährenden Hilfe sowie einer Replik des Sassenberger Altares. In der Mitte der Eingangsbereich mit dem davor platzierten Taufstein. Eingangsbereich und Seitenkapelle wurden bei der letzten Kirchenrenovierung durch eine Glaswand vom Kirchenraum abgetrennt.
Auf der mittleren Empore befindet sich die im Jahre 2010 fertiggestellte Eule-Orgel  mit ihrem auffälligen Orgelprospekt, der Raum auf der rechten Seitenempore wird von den Chorgruppen genutzt. Die originale barocke Balustrade begrenzt Mittel- und Seitenempore.

Fürstbischöfliches Wappen im Schlussstein des Chorgewölbes. Das Schild zeigt die Wappen der Abtei Corvey, des Bistums Münster, Der Burggrafschaft Stromberg, der Herrschaft Borculo sowie das von Galen'sche Familienwappen, allesamt Hinweise auf beanspruchte und geplante Titel des Fürstbischofs.

Die beiden spätbarocken Beichtstühle an den Längswänden wurden erst in den 1960er Jahren im Rahmen der "Rebarockisierung" der Kirche angeschafft. Sie stammen ursprünglich aus der alten Pfarrkirche in Recke. Die originalen Abbildungen des Petrus (rechtes Bild) und der Maria Magdalena (linkes Bild) in den Aufsätzen wurden durch Kopien ersetzt. In der marmorierten Fassung der Beichtstühle sind Abbildungen von Knochen und Totenschädeln zu entdecken, die dem Beichtenden die Endlichkeit des Lebens bewusst machen und zur Reue bewegen sollte.

Eine Replik des sog. Sassenberger Altars aus dem Jahre 1517 wurde im November 2021 anläßlich des 900-jährigen Stadtjubiläums in der Seitenkapelle im Turm erstellt. Der farbenfrohe dreiteilige Flügelaltar, dessen Original sich im Westfälischen Landesmuseum in Münster befindet, wurde von Bischof Erich II. von Sachsen-Lauenburg in Auftrag gegeben und befand sich ursprünglich in der Burgkapelle St. Georg auf dem Burggelände.